Am 18. November 2023 hat der Ortsverband B 90/ Die Grünen zusammen mit der EU-Abgeordneten Jutta Paulus und etwa 40 interessierten Bürger*innen die Fläche im Woog besichtigt, auf der ein Solarpark errichtet werden soll.
Schon zu Beginn wollte das Publikum wissen, wieso der Ortsbürgermeister dort mit der Firma Pfalzsolar eine Freiflächen-Photovoltaikanlage auf einer Fläche von 18,6 Hektar plant, während auf so vielen Hausdächern und Parkplätzen in Neuhofen noch Platz für Photovoltaik ist. Unsere Vorstandssprecherin Anette Winter machte deutlich, dass auch der Grüne Ortsverband Photovoltaik auf Gebäuden und über schon versiegelten Flächen favorisiert und sich weiter dafür einsetzen wird, dass der Anteil in diesem Bereich deutlich steigt. Jedoch verwies sie auch darauf, dass viele der vorgeschlagenen Flächen nicht im Eigentum der Gemeinde stehen und diese deshalb dort wenig Einfluss auf den Photovoltaik-Ausbau hat. Die Fläche im Woog ist dagegen mehrheitlich im Eigentum der Gemeinde und wohl deshalb für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage vorgeschlagen worden. Dieter Neugebauer als Vertreter der Bürgerenergiegenossenschaft für die Region Speyer-Vorderpfalz „bürgerINenergie e.G.“ wies darauf hin, dass sich über sie Bürger*innen zusammenschließen könnten, um den Photovoltaik-Ausbau voranzutreiben und unabhängig von großen Investoren zu agieren. Damit reagierte er auf die Kritik aus dem Publikum, dass der geplante Solarpark nicht direkt nur Neuhofen zu Gute komme und eine Bürgerbeteiligung fehle.
Als wir uns dann gemeinsam die Fläche angeschaut haben, die für den Solarpark genutzt werden soll, trieb die Bürger*innen besonders auch der Wegfall der dort teilweise bisher betriebenen Landwirtschaft um. Die zunehmende Versiegelung von Flächen in Neuhofen und der damit immer größere Wegfall von Ackerflächen wurde kritisiert. Auch wenn die Versorgungssicherheit nicht gefährdet ist, gibt es doch den Wunsch der Bürger*innen qualitativ hochwertige regionale Produkte kaufen zu können. Ein Kompromiss hierfür könnte die Installation einer Agri-Photovoltaikanlage sein, damit die Fläche sowohl für die Nahrungs- als auch für die Stromerzeugung genutzt werden könnte. Für die Frage, wie eine zu den örtlichen Gegebenheiten und Produkten passende Agri-Photovoltaikanlage aussehen und finanziert werden könnte, wünschen sich die Landwirte in Neuhofen mehr professionelle Unterstützung. Der Grüne Ortsverband hofft in den weiteren Veranstaltungen der Reihe „Solarpark im Woog?“ gerade auch die technischen, wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Aspekte von Expert*innen erläutert zu bekommen und so zur Informationsgewinnung beizutragen.
Während ein Teil der Besucher*innen die Installation einer Agri-Photovoltaikanlage befürwortete, sprachen sich andere gegen den Standort im Naturschutzgebiet oder die generelle Notwendigkeit von Freiflächen-Photovoltaikanlagen aus. Gleichzeitig verwies ein Vertreter des BUND auf die negativen Folgen von landwirtschaftlicher Nutzung auf die Böden und dass eine Freiflächen-Photovoltaikanlage ohne landwirtschaftliche Nutzung sogar ein Gewinn für den Naturschutz darstellen könnte. Ökologische Landwirtschaft könnte allerdings auch eine Verbesserung für die Böden bringen im Vergleich zu der aktuellen Nutzung, weshalb sich bei weiterer landwirtschaftlicher Nutzung der Fläche mehrheitlich für eine ökologische Landwirtschaft ausgesprochen wurde. Eine regionale landwirtschaftliche Versorgung ist in unseren Augen sehr wichtig und stärkt die Neuhöfer Betriebe.
Die Europaparlamentarierin Jutta Paulus erläuterte, dass bei der Ausschreibung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen darauf geachtet werden könnte, dass neben der Stromgewinnung auch Biodiversität gesteigert wird. Konkret schlug sie vor, die gegenüber der für den Solarpark geplanten Fläche liegenden Wiesen biologisch aufzuwerten oder den gesamten Bereich wiederzuvernässen, was den größten Nutzen für den Artenschutz bringen würde. Jutta Paulus berichtete vom kürzlich beschlossenen Gesetz zur Wiederherstellung der Natur und dass alle Mitgliedsstaaten der EU nun Flächen renaturieren müssten. Sie wies aber auch darauf hin, dass Freiflächen-Photovoltaikanlagen notwendig sind, um genug erneuerbare Energie zu produzieren und dass die Zeit drängt. Ergänzend kam aus dem Kreis der Teilnehmer*innen der Hinweis, dass Windkraftanlagen weniger Fläche verbrauchen, und in hohem Maße Strom auch bei Dunkelheit liefern. Als kulturhistorisch geschützte Landschaft kommen die Rheinauen für Windräder selbstverständlich nicht in Frage, aber an anderer Stelle in Neuhofen wird die Realisierung von Windrädern bereits geprüft.
Der nächste Halt unserer Begehung war das Erlenwäldchen im Woog, das besonders wertvoll für die Biodiversität, aber durch den sinkenden Grundwasserspiegel in Gefahr ist.
Als letzte Station besuchten wir aufgrund der aktuellen Weltlage den Neuhöfer Judenfriedhof und unsere Vorstandssprecherin Anette Winter drückte ihr Entsetzen über den aktuell aufflammenden Antisemitismus in Deutschland aus. Sie berichtete, dass aus Neuhofen 11 Juden und Jüdinnen deportiert wurden und wir alle verpflichtet sind, uns aktiv gegen Antisemitismus einzusetzen. Jutta Paulus bekräftigte unsere historische Verpflichtung infolge des Holocausts und berichtete von teils schwer zu ertragenden Aussagen selbst im Europäischen Parlament.
Ein Teil der Bürger*innen wärmte sich im Anschluss an die Begehung des Woogs noch im Reiterstübchen auf und tauschte sich direkt mit Jutta Paulus und den Neuhöfer Grünen aus.
Wir freuen uns, dass die erste Veranstaltung unserer Veranstaltungsreihe „Solarpark im Woog?“ so viele Menschen interessiert hat und Auftakt für einen Austausch über die Pläne und die beste Lösung für Neuhofen war. Klar wurde, dass eine Güterabwägung zwischen Biodiversität, Landwirtschaft und Energiesicherheit notwendig ist, und viele Bürger*innen bei dem Informations- und Entscheidungsprozess beteiligt werden wollen.
Deshalb möchten wir auch schon an dieser Stelle auf unsere nächste Veranstaltung mit dem technischen und wirtschaftlichen Schwerpunkt von Freiflächen-Photovoltaikanlagen am 31. Januar 2024 im Haus der Vereine hinweisen und hoffen dort weiter mit den Neuhöfer*innen in den Austausch zu kommen!
Von links nach rechts: Lutz Dreyer, Jutta Paulus, Melina Kick, Jürgen Fink und Anette Winter